Sonntag, 24. Oktober 2010

GWA als eine Antwort auf Rechtspopulismus

Das Wiener Wahlergebnis kann aus gemeinwesenorientierter Sicht so gedeutet werden: In „unsicheren“ Zeiten (digitale globale Marktwirtschaft), in denen sich die Anforderungen an Staat, Demokratie und die einzelnen Menschen stark verändern, müssen Formen gefunden werden, in denen Menschen ihre Verunsicherungen formulieren können. Während der Rechtspopulismus ein Interesse daran hat, dass Menschen sich unsicher fühlen, damit einfache Lösungen versprochen werden können, stellen sich die Bedürfnisse der Menschen immer differenzierter dar. Folgedessen besteht die Notwendigkeit, spezifische Arrangements zu schaffen, in denen die Menschen unterschiedlicher Milieus gezielt angesprochen werden können. Die Involvierung und Teilhabe von Menschen könnte somit ein längerfristiges Gegenprogramm zum Rechtspopulismus darstellen. Gemeinwesenorientierte Kommunikations-, Beteiligungs- und Aushandlungsprozesse stellen dabei niederschwellige Bildungsprozesse dar. Diese Prozesse müssten sich sozialräumlich und milieuspezifisch sehr unterschiedlich darstellen (es macht z.B. einen Unterschied, alteingesessene Gemeindebau-BewohnerInnen in einer Stadtrandsiedlung zu involvieren, oder „die Mittelschicht“ einer Genossenschaftsanlage im innerstädtischen Bereich ... - siehe dazu auch den Beitrag von Joseph Gepp im Falter 42/10).
Betont werden muss an dieser Stelle, dass GWA (oder sozialräumlich-milieuspezifische Kommunikationsangebote) sicher nicht alle Probleme in einer sich wandelnden Stadt lösen, sondern nur einen Beitrag leisten kann. Die milieuspezifische Intensivierung von Bildungsangeboten wird es genauso brauchen, wie die Sicherung der sozialen Sicherungssysteme.

Kamingespräch: Umbau der Wiener Drogenarbeit

Beim Kamingespräch am 13.10.2010 mit Michael Dressel, Drogenkoordinator von Wien, am FH Campus Wien wurde sehr kontrovers diskutiert. Insbesondere die Bedeutung des öffentlichen Raums für Menschen mit Dorgenerkrankungen war umstritten. Einerseits wurde argumentiert, dass es Ziel einer Drogenarbeit sein muss, die Süchtigen von der Straße in die Einrichtungen zu bekommen. Entgegengesetzt wurde, dass der öffentliche Raum eine wichtige Rolle dabei spielt, Kontakt mit Süchtigen herzustellen, die sonst in den privaten Raum „verschwinden“. Auch über die Rolle der Sozialen Arbeit bestand Uneinigkeit: Während einerseits vertreten wurde, dass die Soziale Arbeit auch die Interessen von AnrainerInnen und anderen AkteurInnen im öffentlichen Raum vertreten sollten, meinten andere, dass die Soziale Arbeit in der Drogenarbeit die Aufgabe hat, die Interessen der Suchterkrankten zu vertreten.
Michael Dressel konnte bei dieser Veranstaltung außerdem veranschaulichen, dass das Angebot für Drogensüchtige in Wien in den letzten Jahren stark ausgebaut wurde und klärte über die Veränderungen des Angebots auf.

GWA-Tagung, 4.-6-10.10, Strobl

Die GWA-Tagung „Soziale Arbeit und Erwachsenenbildung im Dialog“ im Bundesinstitut für Erwachsenenbildung in Strobl am 4.-6.10.2010 ist und wird auf www.gemeinwesenarbeit.at dokumentiert. Mein ganz persönliches Fazit nach der Tagung ist hier zu lesen:

Aus meiner Sicht sind zwei Ansprüche der Tagung sehr gut gelungen:

1. Die langjährige Tradition der ländlichen GWA – eng verbunden mit der Erwachsenenbildung und ausgedrückt in den GWA-Werkstätten in BIFEB in Strobl – konnten mit der kürzeren Tradition der GWA – eher verknüpft mit der Sozialen Arbeit im städtischen Raum und den Vernetzungsstrukturen der GWA in Wien und Linz – in dieser Tagung verbunden werden. Das Vorbereitungsteam war besetzt aus beiden Traditionen, das Programm wurde gemeinsam entwickelt, die TeilnehmerInnen kamen aus beiden Bereichen und die Begegnung von Erwachsenenbildung und Sozialer Arbeit, Stadt und Land hab ich als äußerst belebend und produktiv erlebt.

2. Die Auseinandersetzung zu Sozialen Raum und welche Konsequenzen für die GWA sich daraus ableiten ist insgesamt sehr gelungen – auch wenn diese Auseinandersetzung doch sehr anspruchsvoll ist. Dank Christian Reutlinger kann das Wechselverhältnis zwischen „Sozialraumarbeit“ und GWA neu diskutiert werden. Aber auch die Workshops zeigten, dass unterschiedliche räumliche Dimensionen Berücksichtigung finden (können). Am Beispiel des WS zu „Guerilla Garden“ will ich das kurz benennen: ausgehend von einem sehr „territorialen Stück Erde“, werden gesellschaftliche Fragestellungen der Armut (z.B. Subsistenzwirtschaft in New York), der Integration (Kommunikation und Aushandlung zwischen Milieus), der Aneignung von Raum (selbstverwaltete Formen der Bepflanzung) und globaler Wirtschaftsprozesse (Patentierung von Saatgut durch internationale Konzerne) diskutierbar.


Entwicklungsfähigkeit besteht darin, die Tagung bzw. www.gemeinwesenarbeit.at als Plattform zu etablieren, über die PraktikerInnen der GWA unabhängig ihrer Trägerorganisationen über ihre Probleme in der Praxis austauschen und reflektieren können. So konnte ich zwar einen Raum des Austauschs zwischen Praxis und Wissenschaft beobachten, aber v.a. KollegInnen aus dem Osten, insbesondere aus Wien waren nur sehr wenige vertreten (was wahrscheinlich auch mit geographischen und terminlichen Problemen zu tun hatte). Ich versteh das aber eher als Herausforderung für die nächste GWA-Tagung in Strobl, ich freu mich jetzt schon darauf. Die website www.gemeinwesenarbeit.at bleibt der community als Plattform jedenfalls erhalten und hat das Potenzial für weiterführenden Austausch, auch in den Zeiträumen zwischen den Tagungen – dem BIFEB, Christian Kloyber und David Röthler will ich dafür ausdrücklich danken!

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