öffentlicher Raum

Freitag, 4. Juni 2010

Videoüberwachung soll weiter ausgebaut werden

Nachdem die Videoüberwachung im Gemeindebau auf 23 Wohnhausanlagen ausgebaut wird
(s. z.B. http://www.vienna.at/news/wien/artikel/video-ueberwachung-im-gemeindebau-jetzt-dauerhaft/cn/news-20091229-02355219)

soll der Wille zur Videoüberwachung lt. Presse auch am Parteitag der Wiener SPÖ bekräftigt worden sein:
http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/569852/index.do

Hier scheinen sich offensichtlich kurzsichtige populisitsche politische Interessen mit wirtschaftlichen Interessen (der Sicherheitsindustrie) zu finden ....

Zahlen wird im Gemeindebau in Zukunft sicher der/die MieterIn - obwohl der Probebetrieb ja "zentral" finanziert wurde.

Interessante Informationen dazu bietet die ARGE DATEN:
http://www2.argedaten.at/php/cms_monitor.php?q=PUB-TEXT-ARGEDATEN&s=23192zuh


Gesellschaftspolitisch halte ich es nach wie vor für sehr problematisch, soziale Probleme von Nachbarschaften mit Videoüberwachung zu bearbeiten - siehe dazu meine älteren Beiträge, u.a.: http://stoik.twoday.net/stories/5485824/

Sonntag, 25. April 2010

GWA in Wien zwischen Ordnungspolitik und Emanzipation

In Wien tut sich ja Einiges in Bezug auf die Gemeinwesenarbeit. Da ich persönlich teilweise sehr involviert bin, möchte ich meine Einschätzung und meine Gedanken dazu in der Fachöffentlichkeit zur Diskussion stellen. Ich berate „wohnpartner“, führe Schulungen auch für „wohnpartner-unterwegs“ durch und hab mich auch bei der Einschulung der „fairplay“-MitarbeiterInnen beteiligt. Das tue ich deshalb, weil ich sehe, dass es starke Kräfte in den betroffenen Organisationen, aber auch bei politisch Verantwortlichen gibt, die ernsthaft an kommunikativer, fachlich begründeter Sozialer Arbeit interessiert sind. Gemeinwesenorientierte Zugänge sind sowohl bei „wohnpartner“, „wohnpartner-unterwegs“, als auch „fairplay“ (aber auch anderen bestehenden wenn auch diskutierten Angeboten der sozialen Arbeit, wie bei „sam“) zu erkennen. In all diesen Projekten bzw. Einrichtungen sind Zugänge zu finden, bei denen es um emanzipatorische Prozesse geht, bei denen Menschen dabei unterstützt werden sollen, Handlungs- und Konfliktlösungskompetenzen zu erweitern und nachhaltige Kommunikationsformen zu entwickeln.

Auf der anderen Seite ist überdeutlich zu erkennen, dass es AkteurInnen gibt, die alle Maßnahmen ausschließlich unter einer Sicherheits- und Ordnungsperspektive sehen wollen. Dabei meine ich nicht nur politische AkteurInnen unterschiedlicher Parteien, sondern v.a. auch viele Medien. Der Druck der dabei auf die MitarbeiterInnen dieser Projekte wirkt ist m.E. sehr groß. Auf der einen Seite spüren sie, dass es Erwartungen gibt, dass Konflikte minimiert, unterdrückt, gelöst werden, damit Ruhe herrscht. Auf der anderen Seite, wollen die Einrichtungen und deren MitarbeiterInnen nachhaltig und kommunikativ, nicht verdrängend wirksam sein.

Umso wichtiger erscheint mir, dass die Einrichtungen und die MitarbeiterInnen diesen Druck standhalten, aber auch schon jetzt zeigen, dass kommunikative, emanzipatorische Vorgehensweisen auch nachhaltig wirksam werden, z.B. in der Etablierung von GWA-Projekten, was dann aber auch öffentliche dargestellt werden muss.
Nur zu warten, dass es nach der Wien-Wahl besser wird, halte ich für Vergeudung von Ressourcen und für frustrierend für alle Beteiligten. Außerdem ist fraglich, ob danach wirklich alles anders sein wird, und der Druck auf Sicherheits- und Ordnungsorientierung der Sozialen Arbeit wirklich abnehmen wird. Der fachliche differenziert Austausch, der aber auch hart und kritisch geführt werden soll, halte ich dabei für unbedingt notwendig – dies soll damit auch eine erste Einladung dazu sein.

Freitag, 23. April 2010

DGSA-Sektion GWA in Wien

Am vergangenen Wochenende war eine Arbeitsgruppe der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit (DGSA) in Wien zu Gast. Die sogen. Sektion „Gemeinwesenarbeit“ setzt sich hauptsächlich aus deutschen, schweizer und österreichischen FachhochschuldozentInnen zusammen, die zu GWA lehren und forschen. Im Rahmen der Arbeitstagung kam es auch zu einem Aufeinandertreffen mit KollegInnen aus der Wiener Praxis, die verantwortlich sind für die Weiterentwicklung der Gemeinwesenarbeit (mitveranstaltet vom Verein „querstadt“ und dem BA-Studiengang Soziale Arbeit am FH Campus Wien). Diskutiert wurde, wie sich der Diskurs um Sicherheit und Ordnung auf die Gemeinwesenarbeit auswirken könnte, wobei Beispiele aus anderen deutschen und schweizer Städten vergleichend herangezogen werden. Bei der Ursachenforschung wurde festgestellt, dass das Gefühl von Unsicherheit v.a. aufgrund zunehmender sozialer Unsicherheit entsteht. Die Forderung nach mehr Ordnung und die Herstellung dieser durch mehr Ordnungskräfte bekommt so betrachtet einen zynischen Beigeschmack.

siehe zur DGSA auch:
http://www.dgsainfo.de/

Donnerstag, 25. März 2010

"gewerbsmäßiges Betteln"

Morgen, 26.3.2010, soll "gewerbsmäßiges Betteln" im Wr. Landtag verboten werden. Ich protestiere mit einem offenen Brief an die Landtagsabgeordnete, die die Initiative einbringen:

Sehr geehrte Landtagsabgeordnete!

Zu Ihrem Initiativantrag zur Veränderung des Landessicherheitsgesetzes muss ich als FH-Dozent für Soziale Arbeit mit dieses offenen Brief entschieden protestieren. Das geplante Verbot des "gewerbsmäßigen Bettelns" und das erweiterte Wegweisungsrecht richtet sich gegen Menschen, die benachteiligt sind, die dadurch noch mehr aus unserer Gesellschaft ausgeschlossen werden und so noch mehr stigmatisiert werden, als sie ohnehin schon sind.

Ich habe Verständnis dafür, dass eine Stadt überlegen muss auf Entwicklungen zu reagieren, die nicht nur kommunal verursacht sind und dabei eingeschränkte Handlungsoptionen bestehen. Zunehmende Armutserscheinungen in der Stadt haben mit mangelhafter nationaler und europäischer Sozialpolitik zu tun, aber auch mit globalen Entwicklungen (z.B. höhere Mobilität).
Die geplanten Maßnahmen sind natürlich auch im Licht der Städtekonkurrenz zu sehen: Wien soll möglichst wenig attraktiv sein für benachteiligte Menschen, damit sie sich in anderen Städten aufhalten und so die Attraktivität des Standorts nicht gefährdet wird.

Abzulehnen ist aber, wenn aus Standortinteressen, eine Politik gegen die Ärmsten unserer Gesellschaft betrieben wird. Das widerspricht völlig der Tradition des roten Wiens, das sich über lange Zeit der Integration von Benachteiligten verschrieben hat.

Die geplanten Änderungen haben folgende Wirkung:

1. Hinter der Formulierung "gewerbsmäßiges Betteln" verbergen sich Unterstellungen, die empirisch nicht nachgewiesen sind, z.B., dass Betteln systematisch organisiert wird, um einfach zu einem Einkommen zu gelangen. Wenn sich Menschen organisieren, die in Armutsverhältnissen leben, um irgendwie zu überleben, ist das noch nicht per se problematisch. Und wenn es im Rahmen dieser Organisation Unterdrückungsmechanismen wirken sollten (die vielleicht auch soziostrukturell begründet sein könnten), dann wäre mehr Wissen darüber nötig, um diese wirksam bekämpfen zu können. Mit der geplanten Formulierung wird ein Vorgehen der Exekutive gegen jede Form von Betteln legalisiert, weil "gewerbsmäßiges" Betteln unausreichend definiert und auch nicht objektiv überprüfbar ist. Weder die dahinterliegende Armut, noch Unterdrückungsmechanismen (die ja auch nicht nachgewiesen sind) werden dabei bekämpft.

2. Dadurch, dass Armut stärker aus dem öffentlichen Raum verdrängt wird, wird sie nicht weniger. Soziale Spannungen werden dadurch nicht minimiert, sondern im Gegenteil: geschürt.
Durch die Maßnahmen wird ermöglicht, kommerziell attraktive Räume von weniger attraktiven Räumen noch mehr zu unterscheiden. Auch das schürt soziale Konflikte in der Stadt, weil die Stadt in "sichere" und "unsichere" Räume gespalten wird.

3. Gerade Menschen mit Benachteiligungen sind auf den öffentlichen Raum besonders angewiesen, weil sie meist nicht über ausreichend privaten Raum verfügen. Durch diese Maßnahmen werden ihnen noch mehr Handlungsmöglichkeiten und Sicherheit genommen.

4. Durch die Formulierung "Belästigung" und "Einschränkung des Gemeingebrauchs" durch "Personen" bzw. "Gruppen", wird aufgrund von äußeren Kennzeichen und von Verhalten Unterscheidungen ermöglicht, was im öffentlichen Raum als erwünscht und was als unerwünscht definiert wird. Dabei stellt sich die Frage, wer das Recht hat diese Definition vorzunehmen. Mit der sehr offenen und schwammigen Formulierung muss der Verdacht aufkommen, dass sich dabei die Interessen durchsetzten werden, die gesellschaftlich stärker vertreten sind. Damit ist zu befürchten, dass wieder die Menschen davon betroffen sind, die ohnehin schon aus der Gesellschaft ausgegrenzt werden.


Statt der geplanten Maßnahmen, sollte eine sozialverträgliche Politik andere Maßnahmen entwickeln.
Es könnten - neben der Sicherung und Verbesserung der sozialen Sicherheit - Maßnahmen entwickelt werden, die die Toleranz gegenüber Menschen in Armut steigert. Immerhin leben wir in einer der reichsten Gesellschaften der Erde. Es ist unverständlich, dass die kurzen Begegnungen mit ein paar Bettlern oder Wohnungslosen in öffentlichen Einrichtungen mehr aufregt, als die fortschreitende Ausgrenzung dieser Menschen. Es ist nicht nachvollziehbar und vertretbar, dass Neid besonders gegenüber den Ärmsten geschürt wird.

Ich appelliere daher den Antrag zurückzuziehen und stattdessen sozialverträglichere Maßnahmen zu entwickeln.

Mit freundlichen Grüßen,

Christoph Stoik

Mittwoch, 17. März 2010

geplantes Bettelverbot in wien!

Ausgehend von einigen Landtagsmandataren der SPÖ wien soll ein Bettelverbot und ein Wegweiserecht für Menschen mit "verwahrlosten Auftreten" erlassen werden.

mehreres kann ich daran nicht fassen:

1. hier werden die ärmsten der ärmsten in einer Gesellschaft ausgegrenzt, die zu den reichsten der Welt gehört.

2. Die Initiative kommt von einigen Sozialdemokraten (internationale Solidarität ...) - mir fehlen die Worte!

3. Der öffentliche Raum ist gerade für die betroffene Gruppen ("Verwahrloste" und BettlerInnen) der einzige Raum, den sie noch haben, wo sie sich aufhalten können und wo sie auf ihre Not aufmerksam machen können. Gerade diese Gruppen sind angewiesen darauf, dass sie einen öffentlichen Raum haben. Die Verdrängung aus dem öffentlichen Raum erschwert nicht nur das Leben dieser Menschen, sondern ist auch zutiefst undemokratisch. Denn der öffentliche Raum zeichnet sich ja genau dadurch aus, dass er für möglichst viele, und besonders für benachteiligte öffentlich bleibt.


nähere Infos inkl. Protestmöglichkeiten dazu auf http://www.facebook.com/reqs.php#!/group.php?gid=104150631709

Mittwoch, 2. September 2009

„Ordnungsberater“ sollen abmahnen und strafen!

Wie im „Der Standard“ berichtet, sollen „Ordnungsberater“ von Wiener Wohnen, bei Verstößen gegen die Hausordnung mit Abmahnungen und sogar Geldstrafen vorgehen. Den/r BeobachterIn von außen muss es immer schwerer fallen, sich auszukennen. Einerseits wird auf mehr Kommunikation, Zusammenleben und auch Eigenverantwortung gesetzt (Wohnbusse von Wiener Wohnen und Ausbau der Gebietsbetreuungen/wohnpartner), andererseits auf Ordnungshüter, bei denen keine Konfliktkompetenz der BewohnerInnen mehr nötig sein wird. Es wird ausreichen, sich als MieterIn beim Ordnungshüter zu beschweren. Dabei wird signalisiert, dass das Gespräch mit dem Nachbar/der Nachbarin gar nicht erwünscht ist. Wird dieser Weg fortgesetzt, wird es nicht 15 Ordnungshüter brauchen, sondern zumindest ein paar Hundert ...
Abgesehen davon, dass völlig fraglich ist, was rechtlich überhaupt möglich ist (siehe „Der Standard“), stellt sich auch die Frage, wer definieren wird, wogegen vorgegangen werden darf. Wer definiert, was „laut“ ist, wie lang Kinder spielen dürfen, was Verunreinigung ist (Kürbiskerne in der Wiese?)? Wer wird definieren, wie ein Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlichsten Lebensstilen und Milieus funktioniert? Die, die sich besser ausdrücken können? Die, die eine stärkere Lobby haben? Die, die glauben damit politisch Kapital schlagen zu können? Oder die, die gesellschaftlich eher benachteiligt sind? Aushandlungsprozesse darüber, welches Verhalten angemessen ist, was voneinander gelernt werden kann, wo Ansprüche in neuem Licht betrachtet werden müssen, was vielleicht zu gegenseitigen Austausch-, Lern- und Reflexionsprozesse führen könnte, werden dadurch jedenfalls torpediert.


Quellen:

http://derstandard.at/fs/1250691742561/Zu-laut-gespielt-36-Euro

http://derstandard.at/fs/1250691788751/Wiener-Gemeindebauten-Ordnungsberater-Bei-Ballspielen-nur-Abmahnung

Mittwoch, 29. Juli 2009

Guerilla Gardening im Standard

Beitrag über Guerilla Gardening u.a. am Schöpfwerk im Standard - mit ein paar interessanten links:

http://derstandard.at/fs/1246541688258/Aus-unserer-Sicht-ist-das-kein-Vandalismus

http://www.guerrillagardening.org/

http://gruenewelle.org/index_de.html

http://www.lebinhernals.at/projekte/aktuell/Willkommen+im+Salon+Bl%C3%BCmchen!/1

Freitag, 29. Mai 2009

Ergebnis der MieterInnen-Befragung

Nur fürs Archiv: Über
http://www.magwien.gv.at/wohnen/wienerwohnen/mieterbefragung-ergebnisse.html

sind die Ergebnisse der MieterInnen-Befragung im Wiener Gemeindebau abzurufen. Interessant (auch wenn Wissenschaftlichkeit der Befragung nicht gesichert ist), dabei ist, dass die Ergebnisse zeigen, dass nicht „von dem Gemeindebau“ geredet werden kann. Die Zufriedenheit vieler BewohnerInnen dürfte doch recht hoch sein. Problemlagen dürften je nach sozialräumlichen Bedingungen (Bevölkerungsstruktur, bauliche Bedingungen, Struktur des umliegenden Gebiets, etc.) doch sehr unterschiedlich sein – so ein möglicher Deutungsversuch.
Bedauerlich ist, dass leider nach wie vor eine tw. stigmatisierende Sprache gewählt wurde, wie „Vandalismus“ und „Jugendbanden“, die es in Wien bekanntlicherweise so gar nicht gibt. Damit wird ein Gefühl der Unsicherheit (und auch die Forderung nach videoüberwachung) eher geschürt.

Sonntag, 26. April 2009

Differenzierungen zur Videoüberwachung

Der unten genannte Link ist nicht mehr unter dieser Adresse zu finden, was erfreulich gedeutet werden könnte.

Dafür habe ich einen anderen link auf wien.gv gefunden, der sich differenziert mit dem Thema Videoüberwachung auseinandersetzt:

http://www.magwien.gv.at/stadtentwicklung/oeffentlicherraum/ueberwachterraum.htm

Und auch andernorts gab es Widerstand zur Videoüberwachung im Gemeindebau: Vor einer Woche, am 17.4.09 wurde von einer „Operation Gemeindebau“ zu einem Flashmob aufgerufen und ein Hof 5 Minuten von Menschen „überwacht“.

Sonntag, 5. April 2009

Werbung für Videoüberwachung

Auf der website der Stadt Wien wird für die Videoüberwachung im Gemeindebau geworben:

http://www.magwien.gv.at/nachrichten/gemeindebau.html

Angeblich gibt es Einsparungen durch die Überwachung.

Folgende Fragen ergeben sich daraus:

Sind auch die umliegenden nicht überwachten Räume in die Evaluierung einbezogen worden, wohin es ja auch Verdrängungseffekte geben könnte?

Rechtfertigt eine zwischenzeitliche Reduktion der Kosten den Ausbau der Überwachung (Gewöhnungseffekt)?

Wie stellen sich die Daten der Evaluierung genau dar (Vergleichszeitraum vor der Überwachung, wie wurde genau gemessen, etc.)?

Wurden darüber hinaus auch andere Wirkungen der Überwachungen gemessen (Verdrängungmechanismen, Ausgrenzungs- und Stigmatisierungstendenzen, ...)?

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