Replik zu Interview mit Reinhard Seiß im Falter 15/10
Im aktuellen Falter (16/10) ist es ja schon korrigiert: Besserverdienende müssen nicht aus dem Gemeindebau ausziehen – eine vernünftige Regelung, um die soziale Durchmischung zu fördern. Diese Maßnahme dürfte aber kleinräumig betrachtet sehr unterschiedlich wirken. Überhaupt ist der Gemeindebau nur verstehbar, wenn er kleinräumiger betrachtet wird. Zu berücksichtigen ist nicht nur das Baujahr der einzelnen Anlagen, die unterschiedliche räumliche Qualitäten zur Folge haben, sondern auch die Lage in der Stadt und „sozialräumliche“ Entwicklungen. So sind Gemeindebauten am Stadtrand z.B. in Döbling für manche sozial besser gestellten Bevölkerungsgruppen noch attraktiv, während andere in Bezirken mit ärmerer Bevölkerung auch wieder nur für Menschen interessant sein könnten, die sich nichts anderes leisten können, die wenig Wahlmöglichkeiten haben. Wohnhausanlagen mit großen Wohnungen wiederum ziehen eher kinderreiche Familien an, was zu Generationenkonflikten führen kann, in anderen ist durch das Alter der Wohnhausanlage und eher kleinen Wohnung eine hohe Heterogenität zu bemerken (ältere Menschen, ärmere Menschen in kleinen billigen Wohnungen, junge kleine Familien, ...). Gemeindebau zeigt sich in Wien also sehr unterschiedliche, und v.a. nicht nur als Ort von sozialen Problemen, wie das im öffentlichen Diskurs manchmal dargestellt wird und damit gleich alle 500.000 BewohnerInnen mitstigmatisiert. Ein Mix an unterschiedlichen, aber auch kleinräumig abgestimmter Maßnahmen (von baulichen Verbesserungen, kommunikativer Angebote wie die von „wohnpartner“, u.a. die Förderung der Partizipation, Anreize für die soziale Durchmischung, aber auch kundennahe und -orientierte Verwaltung) scheint da Sinn zu machen, die Qualität des sozialen Wohnbaus in Wien weiter zu entwickeln, aber auch mit neuen Problemen umzugehen.
Christoph Stoik - 23. Apr, 21:50