Dienstag, 14. Juni 2011

Voranküdnigung GWA-Tagung in Strobl

„In welcher Gesellschaft wollen wir wie leben?“
Gemeinwesenarbeit, Erwachsenenbildung und Soziale Arbeit im Dialog.
Tagung der Reihe Dialog Lebenslangen Lernens

2. bis 4. November 2011

Angesichts der drängenden neuen sozialen Fragen, wie dem Anstieg der Armut und des Zerfallens vieler Gesellschaften in Spielräume des eigennützigen Handelns auf Kosten aller versuchen Gemeinwesenarbeit und soziale Arbeit die Netzwerke solidarischen Lebens zu erhalten.
Aber, was ist eine lebenswerte, gute Gesellschaft, die uns zumindest als Vorstellung als Orientierungspunkt dienen kann?
Gesellschaftliche Alternativen sind nur noch schwer vorstellbar, mit der neoliberalen Wende, der Ich-orientierten Konkurrenzgesellschaft und verstärkt durch eine vorgegebene Projektkultur, vorangetrieben durch Produktivitätsdruck, Zeit- und Ressourcenknappheit, Finanzierung und Qualitätssicherung wird die scheinbare Unveränderlichkeit der gesellschaftlichen Realität erdrückend und alternativenlos.

Es stellt sich die Frage, wie tatsächlich kooperatives Vorgehen in einer Konkurrenzgesellschaft zu verwirklichen ist? Welche Form von („der“) Gesellschaft soll über Gemeinwesenarbeit und Soziale Arbeit überhaupt angestrebt werden? Welche Rolle wird dem lebenslangen Lernen zugesprochen?

Konkrete und exemplarische Beispiele aus der Praxis, unterstützende und kontroversielle Statements und theoretische fundierter Überblick gestalten unseren Raum für den Dialog. Workshops zu den übergeordneten gemeinsamen Feldern: Ökonomie, Ökologie, Demokratie und Bildung sollen an Beispielen aus der Praxis den Dialog schärfen und vertiefen.

Ort:
Bundesinstitut für Erwachsenenbildung St. Wolfgang,

Bürglstein 1-7, A-5350 Strobl
www.bifeb.at / ++43 6137 6621-0 / office@bifeb.at

Austellung U-Bahnstation Josefstädter Straße

Einladung
zur Vernissage des Projektes "Freiraum/Sozialraum - Neugestaltung der Freibereiche um die U-Bahnstation Josefstädter Straße"

am Di, 21. Juni 2011 ab 18.00 Uhr

Im Kubus EXPORT Der Transparente Raum (Lerchenfelder Gürtel/Stadtbahnbogen 43/Josefstädter Straße/Uhlplatz

Studierende des Masterstudiengangs „Sozialraumorientierte und klinische Soziale Arbeit“ am FH Campus Wien konzipierten und führten mit Studierenden am Fachbereich für Landschaftsplanung und Gartenkunst auf der TU Wien eine Sozialraumanalyse durch, die die Grundlage für die Entwürfe der TU-Studierenden war.
Diese Entwürfe werden bei der Ausstellung präsentiert.

Eröffnet wird die Ausstellung von DI Dr. wolfgang Sengelin, Koordinator Zielgebiet Westgürtel.

Wohnpartner-Fachtagung zu Parteilichkeit

Am 13.4.2011 fand die erste Fachtagung zu Gemeinwesenarbeit als Kooperation zwischen wohnpartner und FH Campus Wien statt. Unter dem Titel „Parteilichkeit und Allparteilichkeit in der Gemeinwesenarbeit– ein Widerspruch?“ wurde emotional und kontrovers diskutiert. Mit dieser Fachtagung geht wohnpartner in einen öffentlichen Fachdiskurs und der FH Campus Wien nimmt seine Aufgabe war, einen Ort für diesen Diskurs zur Verfügung zu stellen. Die TeilnehmerInnen waren großteils TeamleiterInnen bzw. auch GeschäftsführerInnen aus der offenen Wiener Jugendarbeit und aus der Gemeinwesenarbeit. Rückblickend mischten sich in der Diskussion unterschiedlichste Ebenen, die im folgendem Statement auseinandergehalten werden sollen. Der Diskurs hat jedenfalls ergeben, dass die Auseinandersetzung rund um Parteilichkeit komplex wird, wenn differenziert wird. Umstritten war schließlich, inwiefern ein Begriff der „Parteilichkeit“ überhaupt hilfreich ist für den Fachdiskurs und die Kooperation. Andererseits zeigt die Tagung, dass die Auseinandersetzung um diesen Begriff, die professionelle Wahrnehmung schärft und Ausgangspunkt für Klärungs- und Aushandlungsprozesse ist.

Situationsbedingte Aushandlung der Profis

Auf der lokalen Ebene zeigt sich, dass der Unterschied in Bezug auf den Auftrag an die offene Jugendarbeit und an wohnpartner zu Konflikten führen kann. Die Jugendarbeit hat den Auftrag, die Interessen der Kinder und Jugendliche zu organisieren und zu vertreten, wohnpartner soll die Interessen aller BewohnerInnen des Gemeindebaus, aber auch die der NutzerInnen des öffentlichen Raums im Gemeindebau (Höfe) organisieren. Der Begriff „Allparteilichkeit“ verschleiert allerdings die unterschiedlichen Machtverhältnisse der Gruppen und Menschen im Gemeindebau und den Einfluss der Gemeinwesenarbeit. Durch jede Intervention stärkt wohnpartner eine Gruppe mehr, die andere weniger. Das kann zum Beispiel bei der Aktivierung festgemacht werden: Eine klassische Aktivierende Befragung im Rahmen einer Haushaltsbefragung erreicht beispielsweise eher erwachsene und ältere BewohnerInnen, weniger Jugendliche. Eine aktivierende Befragung im Hof hingegen erreicht eher die, die den öffentlichen Raum nutzen, die darauf angewiesen sind, die gesellschaftlich von Benachteiligung betroffen sind (z.B. aufgrund enger Wohnverhältnisse). Wird bei der Aktivierung also „zufällig“ so vorgegangen, wie es grad passt, oder die Ressourcen es zulassen, werden (unbewusst) Entscheidungen getroffen, welche Gruppen in die Gemeinwesenprozesse einbezogen werden. Die Anforderung die sich an die MitarbeiterInnen von wohnpartner stellt, ist also, methodische Settings so zu wählen, dass möglichst viele unterschiedliche Menschen erreicht werden, insbesondere aber die, die sich wenig einbringen. Die nächste Anforderung besteht darin, zu entscheiden, welche, Menschen und Gruppen mehr und welche weniger Unterstützung benötigen. Hier kann es zwischen der offenen Jugendarbeit und der wohnpartner-Arbeit zu Konflikten kommen. Je nach Situation in den Wohnhausanlagen, wird wohnpartner einmal mehr die Interessen der Jugendlichen unterstützen müssen, einmal mehr die von anderen Gruppen, z.B. Eltern mit ihren Kleinkindern. Parteiliches Handeln in der Gemeinwesenarbeit heißt also, dass Entscheidungen getroffen werden, welche Gruppen und Menschen welche Unterstützung brauchen. Parteilichkeit in der Gemeinwesenarbeit heißt aber nicht, dass die GemeinwesenarbeiterInnen nicht weiterhin wertschätzend Kontakt zu möglichst allen Gruppen halten. Ganz ähnlich stellt sich das in der parteilichen Jugendarbeit dar – in Bezug auf unterschiedliche Jugendliche und Gruppen, sowie die Kommunikation mit Erwachsenen.

Die unterschiedlichen situationsbedingte Machtverhältnisse in den Anlagen haben zur Konsequenz, dass die lokale Jugendarbeit und das lokale wohnpartner-Team die Kooperation immer wieder aufs neue aushandeln und definieren müssen. Unprofessionell (und eine Verschwendung von Ressourcen) wäre es, wenn die jeweiligen Gruppen in den Anlagen von den Profis „aufeinandergehetzt“ werden. Ein Aushandlungsprozess zwischen den Einrichtungen im Vorfeld ist daher notwendig. Dabei werden dieselben Teams in unterschiedlichen Wohnhausanlagen unterschiedliche Formen der Kooperationen entwickeln müssen – eine große Anforderung an die Professionalität der lokalen Teams. Einmal wird es zur Entscheidung kommen, dass wohnpartner sich gemeinsam mit der Jugendarbeit für eine Verbesserung der Situation der Jugendliche einsetzt. Ein andermal wird es zur Aufgabenteilung kommen, bei der wohnpartner z.B. ruhebdürftige AnrainerInnen organisiert, während die Jugendarbeit die Jugendlichen unterstützt. Diese Konstellation stellt die größte Anforderung dar – einerseits zu kooperieren, andererseits aber unterschiedliche Interessenslagen zu unterstützen. Aushandlungsprozesse der Profis führen zu Transparenz, was Grundlage dafür ist, dass auch konflikthafte Aushandlungsprozesse zwischen unterschiedlichen Gruppen und Menschen in den Anlagen konstruktiv möglich ist

„Platzhirsch“ versus „Frischling“

Rund um „Parteilichkeit“ wurden bei der Fachtagung aber auch (territoriale) „Zuständigkeits-Fragen“ auf lokaler Ebene verhandelt. Hier besteht die Anforderung, sensibel damit umzugehen, dass Einrichtungen in den Gebieten über unterschiedliches Wissen und Kontakte verfügen. Wohnpartner-MitarbeiterInnen müssen in manchen Gebieten mit Jugendarbeit zusammenarbeiten, die dort schon lange (gemeinwesenorientiert) tätig ist. Umgekehrt stellt sich für die JugendarbeiterInnen die Frage, wie sie damit umgehen, wenn wohnpartner ihrem Auftrag gemäß in Gebieten neu tätitg wird, in denen sie schon lange arbeiten. Dies erfordert große gegenseitige Offenheit der lokalen Teams.

Institutionelle Konkurrenz

Die dritte Ebene, die über „Parteilichkeit“ verhandelt wird, betrifft die Dimension der institutionellen Logiken. Dabei stellt sich die Frage, wie die Kooperation zwischen „der Jugendarbeit“ bzw. deren Einrichtungen und wohnpartner gestaltet wird. Wer tritt mit welchen Anliegen in die Öffentlichkeit? Welche Konkurrenzen entwickeln sich und wie wird damit umgegangen?


Politische Symbolik und fachlich begründetes Handeln

Schließlich wirkt auch eine politische Ebene in die Auseinandersetzung um Parteilichkeit. Öffentlich finanzierte Soziale Arbeit hat nicht nur Auswirkungen auf die Menschen, an die sie sich richtet, sie dient auch dazu, politische Präsenz zu zeigen, öffentlich zu machen, dass etwas für die Menschen getan wird. Auch aus dieser Perspektive stellt sich die Frage, ob ein Arbeitsansatz gegenüber einem anderen an Bedeutung verliert. Auch wenn diese politische Symbolik nachvollziehbar ist und Berechtigung hat, muss die fachliche Argumentation sich von dieser Dynamik distanzieren. Das professionelle Handeln muss fachlich begründet sein.

Differenzierung als Voraussetzung für Kooperation

Da diese unterschiedlichen Ebenen in die Diskussion auf der Fachtagung kaum auseinandergehalten wurden, war die Stimmung teils sehr emotional. Aber erst wenn diese Differenzierung erfolgt, ist es möglich, die fachliche Auseinandersetzung konstruktiv zu führen und die notwendigen Kooperationen professionell zu gestalten. Es ist zu hoffen, dass die Betroffenen auf allen Ebenen diesen hohen Anforderungen gerecht werden.

Soziale Einrichtungen unterstützen den sozialen Frieden im öffentlichen Raum

mein Kommentar in öneri, Mai 2011,
http://www.oneri.at/news/haberler/article/soziale-einrichtungen-unterstuetzen-den-sozialen-frieden-im-oeffentlichen-raum.html

Seit Anfang Mai sind in den Sommermonaten wieder vermehrt Dienste im öffentlichen Raum unterwegs, ausgerüstet mit eigenen Jacken, Taschen, Rucksäcken und Fahrrädern. Sie heißen „WasteWatcher“, „Ordnungsberater“, „Fair-Play“ und „wohnpartner unterwegs“. Im Vorjahr entstand für viele der Eindruck, dass es dabei um eine Wahlkampfstrategie handelte, mit der gezeigt werden sollte, dass für Ruhe und Ordnung im öffentlichen Raum gesorgt wird. Ein Jahr später kann das differenzierter betrachtet und diskutiert werden. Tatsächlich nämlich unterscheiden sich die Angebote sehr stark voneinander – nämlich als Einrichtungen, die tatsächlich auf die Einhaltung von Regeln und Ordnung achten und auch über Sanktionsmöglichkeiten verfügen. Andererseits als Angebote der sozialen Arbeit, die das Zusammenleben unterschiedlicher Menschen im öffentlichen Raum mit kommunikativen Mitteln verbessern sollen. Die „Ordnungsberater“ von Wiener Wohnen beispielsweise haben die Aufgabe, die Einhaltung der Hausordnung zu kontrollieren und bei Verstöße zu sanktionieren.

„Wohnpartner“ hingegen, eine Einrichtung des „Wohnservice Wien“, ist in den Wohnhausanlagen der Gemeinde Wien unterwegs, um mit den Menschen zu reden, sie bei Ihren Anliegen zu unterstützen, sie bei Beschwerden an die richtigen Stellen zu weiterzuleiten und zu vermitteln, wenn es mal Konflikte in den Höfen gibt. „Wohnpartner“ unterstützt die Menschen im Gemeindeau im ganzen Jahr. Sie helfen bei der Konfliktregelung, u.a. bei Nachbarschaftskonflikten. Es wird aber auch „gemeinwesenorientiert“ gearbeitet. Dabei werden die Menschen dabei unterstützt, ihre Anliegen in Bezug auf ihr Wohnumfeld zu artikulieren, sich zu organisieren und sich für ihre Anliegen einzusetzen. In den warmen Jahreszeiten sind die „wohnpartner-MitarbeiterInnen“ verstärkt in den Wohnhausanlagen anzutreffen – auch in den Abendstunden.

„Faiplay“ hingegen, eine von der MA 13 (Bildung und außerschulische Jugendbetreuung) und den jeweiligen Bezirken finanzierte Einrichtung, soll ein rücksichtsvolles Zusammenleben im öffentlichen Raum, insbesonders in den Parks fördern. Die „Fair-Play“-Teams sind von Mai bis September in den Abendstunden in 16 Bezirken unterwegs. Sie nehmen mit den NutzerInnen des öffentlichen Raums Kontakt auf, suchen das Gespräch und vermitteln bei Konflikten. Sowohl die „Fair-Play-Teams“ als auch die Teams von „wohnpartner“ sind durch Taschen bzw. Bekleidung erkennbar. So kann jede und jeder selbst entscheiden, ob er bzw. sie Kontakt mit den MitarbeiterInnen der Dienste aufnehmen oder mit den MitarbeiterInnen reden wollen. Beide Einrichtungen sind für alle Menschen und NutzerInnen offen, „wohnpartner“ im Gemeindebau, „Fair-Play“ im sonstigen öffentlichen Raum in den Bezirken – sie reden mit allen, die das wollen. Beide Einrichtungen haben eines gemeinsam: Sie setzen keine Regeln durch und sanktionieren keine Verstöße, sondern sie wollen für mehr Verständnis untereinander sorgen. Die Idee dabei ist, dass es nachhaltiger ist, wenn Menschen sich verständigen und miteinander reden – nachhaltiger für ein gutes soziales Klima – nachhaltiger, als die Durchsetzung von Regeln von diversen Diensten. Natürlich bracht es auch diese Einrichtungen – allen voran die Polizei, wenn Gesetze gebrochen werden, und insbesondere wenn Gewalt im Spiel ist. Die Arbeit sowohl von „wohnpartner“ als auch von „Fair-Play“ ist dabei aber auch nicht immer ohne Konflikte. Beide Einrichtungen können Konflikte nicht vermeiden. Im Gegenteil: manchmal werden Konflikte erst sichtbar, wenn mit den Menschen geredet wird. Aber Konflikte die sichtbar werden, können auch ausgetragen werden, können ausverhandelt werden. Beide Einrichtungen also fördern in gewisser Weise, dass Konflikte sichtbar und bearbeitbar werden. Dabei sind beide Einrichtungen Prinzipien der sozialen Arbeit verpflichtet, unter anderem dem, denen zu helfen, die schwächer sind. So kann gesichert werden, dass nicht die aus dem öffentlichen Raum verdrängt werden, die ihn besonders brauchen – z.B. Jugendliche, weil sie zu Hause zu enge Verhältnisse vorfinden, weil sie den öffentlichen Freiraum für ihre Entwicklung benötigen. Manchmal aber sind auch andere Gruppen im Nachteil, die dann besondere Unterstützung brauchen, z.B. ältere Menschen, die sich im Park treffen, weil sie dort ihre soziale Netze pflegen können.

Die warme Saison im Vorjahr hat übrigens gezeigt, dass in Wien keinerlei „Krieg um den öffentlichen Raum“ herrscht. Das Zusammenleben funktioniert weitgehend gut. Aber natürlich treffen unterschiedlichste Interessen aufeinander – besonders im öffentlichen Raum. Und die Gefahr, dass die verdrängt werden, die den öffentlichen Raum am notwendigsten brauchen, wird tendenziell größer, was besonders bei der Neugestaltung vieler Bahnhöfe in Wien sichtbar wird. So gesehen helfen Dienste wie „Fair-Play“ oder „wohnpartner“, die soziale Qualität des öffentlichen Raums bei steigenden Nutzungsdruck zu sichern.

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