Soziale Einrichtungen unterstützen den sozialen Frieden im öffentlichen Raum

mein Kommentar in öneri, Mai 2011,
http://www.oneri.at/news/haberler/article/soziale-einrichtungen-unterstuetzen-den-sozialen-frieden-im-oeffentlichen-raum.html

Seit Anfang Mai sind in den Sommermonaten wieder vermehrt Dienste im öffentlichen Raum unterwegs, ausgerüstet mit eigenen Jacken, Taschen, Rucksäcken und Fahrrädern. Sie heißen „WasteWatcher“, „Ordnungsberater“, „Fair-Play“ und „wohnpartner unterwegs“. Im Vorjahr entstand für viele der Eindruck, dass es dabei um eine Wahlkampfstrategie handelte, mit der gezeigt werden sollte, dass für Ruhe und Ordnung im öffentlichen Raum gesorgt wird. Ein Jahr später kann das differenzierter betrachtet und diskutiert werden. Tatsächlich nämlich unterscheiden sich die Angebote sehr stark voneinander – nämlich als Einrichtungen, die tatsächlich auf die Einhaltung von Regeln und Ordnung achten und auch über Sanktionsmöglichkeiten verfügen. Andererseits als Angebote der sozialen Arbeit, die das Zusammenleben unterschiedlicher Menschen im öffentlichen Raum mit kommunikativen Mitteln verbessern sollen. Die „Ordnungsberater“ von Wiener Wohnen beispielsweise haben die Aufgabe, die Einhaltung der Hausordnung zu kontrollieren und bei Verstöße zu sanktionieren.

„Wohnpartner“ hingegen, eine Einrichtung des „Wohnservice Wien“, ist in den Wohnhausanlagen der Gemeinde Wien unterwegs, um mit den Menschen zu reden, sie bei Ihren Anliegen zu unterstützen, sie bei Beschwerden an die richtigen Stellen zu weiterzuleiten und zu vermitteln, wenn es mal Konflikte in den Höfen gibt. „Wohnpartner“ unterstützt die Menschen im Gemeindeau im ganzen Jahr. Sie helfen bei der Konfliktregelung, u.a. bei Nachbarschaftskonflikten. Es wird aber auch „gemeinwesenorientiert“ gearbeitet. Dabei werden die Menschen dabei unterstützt, ihre Anliegen in Bezug auf ihr Wohnumfeld zu artikulieren, sich zu organisieren und sich für ihre Anliegen einzusetzen. In den warmen Jahreszeiten sind die „wohnpartner-MitarbeiterInnen“ verstärkt in den Wohnhausanlagen anzutreffen – auch in den Abendstunden.

„Faiplay“ hingegen, eine von der MA 13 (Bildung und außerschulische Jugendbetreuung) und den jeweiligen Bezirken finanzierte Einrichtung, soll ein rücksichtsvolles Zusammenleben im öffentlichen Raum, insbesonders in den Parks fördern. Die „Fair-Play“-Teams sind von Mai bis September in den Abendstunden in 16 Bezirken unterwegs. Sie nehmen mit den NutzerInnen des öffentlichen Raums Kontakt auf, suchen das Gespräch und vermitteln bei Konflikten. Sowohl die „Fair-Play-Teams“ als auch die Teams von „wohnpartner“ sind durch Taschen bzw. Bekleidung erkennbar. So kann jede und jeder selbst entscheiden, ob er bzw. sie Kontakt mit den MitarbeiterInnen der Dienste aufnehmen oder mit den MitarbeiterInnen reden wollen. Beide Einrichtungen sind für alle Menschen und NutzerInnen offen, „wohnpartner“ im Gemeindebau, „Fair-Play“ im sonstigen öffentlichen Raum in den Bezirken – sie reden mit allen, die das wollen. Beide Einrichtungen haben eines gemeinsam: Sie setzen keine Regeln durch und sanktionieren keine Verstöße, sondern sie wollen für mehr Verständnis untereinander sorgen. Die Idee dabei ist, dass es nachhaltiger ist, wenn Menschen sich verständigen und miteinander reden – nachhaltiger für ein gutes soziales Klima – nachhaltiger, als die Durchsetzung von Regeln von diversen Diensten. Natürlich bracht es auch diese Einrichtungen – allen voran die Polizei, wenn Gesetze gebrochen werden, und insbesondere wenn Gewalt im Spiel ist. Die Arbeit sowohl von „wohnpartner“ als auch von „Fair-Play“ ist dabei aber auch nicht immer ohne Konflikte. Beide Einrichtungen können Konflikte nicht vermeiden. Im Gegenteil: manchmal werden Konflikte erst sichtbar, wenn mit den Menschen geredet wird. Aber Konflikte die sichtbar werden, können auch ausgetragen werden, können ausverhandelt werden. Beide Einrichtungen also fördern in gewisser Weise, dass Konflikte sichtbar und bearbeitbar werden. Dabei sind beide Einrichtungen Prinzipien der sozialen Arbeit verpflichtet, unter anderem dem, denen zu helfen, die schwächer sind. So kann gesichert werden, dass nicht die aus dem öffentlichen Raum verdrängt werden, die ihn besonders brauchen – z.B. Jugendliche, weil sie zu Hause zu enge Verhältnisse vorfinden, weil sie den öffentlichen Freiraum für ihre Entwicklung benötigen. Manchmal aber sind auch andere Gruppen im Nachteil, die dann besondere Unterstützung brauchen, z.B. ältere Menschen, die sich im Park treffen, weil sie dort ihre soziale Netze pflegen können.

Die warme Saison im Vorjahr hat übrigens gezeigt, dass in Wien keinerlei „Krieg um den öffentlichen Raum“ herrscht. Das Zusammenleben funktioniert weitgehend gut. Aber natürlich treffen unterschiedlichste Interessen aufeinander – besonders im öffentlichen Raum. Und die Gefahr, dass die verdrängt werden, die den öffentlichen Raum am notwendigsten brauchen, wird tendenziell größer, was besonders bei der Neugestaltung vieler Bahnhöfe in Wien sichtbar wird. So gesehen helfen Dienste wie „Fair-Play“ oder „wohnpartner“, die soziale Qualität des öffentlichen Raums bei steigenden Nutzungsdruck zu sichern.

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