30. Wohnsymposium, 5.3.08

fürs Archiv nachträglich eingetragen:

Liebe KollegInnen,
das 30. Wohnsysmposium am 27.2.08, an dem ich teilnehmen konnte und das in einer Beilage des heutigen Standards (Mittwoch) dokumentiert wurde, endete mit dem Ergebnis, dass die Sicherheit in Wohnanlagen v.a. kommunikativ herzustellen sei und nicht mit der Installation von Videokameras. ExpertInnen v.a. aus dem Bereich der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft, aber auch Sicherheits- und RechtsexpertInnen formulierten in sogen. Tischgespräche Vorschläge zur Verbesserung des Schutzbedürfnisses von BewohnerInnen in Form von Schlagzeilen, wie "Wiederbelebung sicherer Kontake im Wohnumfeld", "Soziale Durchmischung" oder "Sicherheit durch wiederbelebte Nachbarschaften". Es diskutierten u.a. Heinz Mayer (Juridicum Wien), Franz Schnabl (Magna International und vormals Polizeigeneral), Waltraud Kotschy (Datenschutzkommission) und Herbert Ludl (Sozialbau) unter der Leitung von Gerfried Sperl (der Standard).

Bemerkenswert auch die rechtliche Lage: alle Videoanlagen , mit denen Menschen ohne deren Zustimmung gefilmt und aufgezeichnet werden (und auch Attrappen), müssen bei der Datenschutzkommission gemeldet werden. Wohnbauträger, die das bisher verabsäumt haben (z.B. in Alterlaa), müssen die Genehmigung jetzt nachträglich einholen, sonst wird die Datenschutzkommission von sich aus aktiv.

Wiener Wohnen wurde inzwischen der befristete Einsatz von Videokameras in 8 Wohnhausanlagen genehmigt. Danach soll aber evaluiert werden, ob diese Installation tatsächlich eine Verminderung von "Vandalismus" bzw. Einbrüchen gebracht hat. Interessant wäre dabei auch, die Kosten der Videoüberwachung (Installierung, Betrieb, Entgegennahme der Meldungen der BewohnerInnen, Durchsicht der aufgezeichneten Daten) den Kosten durch "Vandalismus" und Einbrüchen gegenüber zu stellen.

Langzeitstudien zeigen, dass Kriminalität durch Videoüberwachung langfristig nicht vermindert wird, sondern sich lediglich in nicht überwachte Zonen verschiebt ("Birmingham-Effekt"). Es ist also fraglich, ob die Sicherheit durch den Einsatz von Videoüberwachung erhöht wird. Andererseits zeigen Studien, dass sich Überwachung negativ auf das Selbstbewusstsein von Menschen auswirke, so Heinz Mayer.

Klar wurde bei der Tagung auch, dass Videokameras nur installiert werden dürfen, wenn es um die Vermeidung und Aufklärung strafrechtlich relevanter Handlungen geht. Wenn es um die Einhaltung der Hausordnung geht, ist die Videoüberwachung unzulässig.

Mit diesem vielfältigen Hintergrund- und ExpertInnen-Wissen erscheint es nicht mehr verwunderlich, dass das Symposium zum Ergebnis kommt, dass es wirksamer wäre in die Kommunikation und Wiederbelebung von Nachbarschaft zu investieren. Reinhard Kreissl, Rechts- und Kriminalsoziologe aber warnt: Trotz allem Wissen, wird die Überwachung zunehmen, alleine deshalb, weil sie ein großes und wachsendes Geschäft ist!

Mit diesem kurzen Bericht will ich also die Wachsamkeit von uns GemeinwesenarbeiterInnen wahrnehmen und einfordern, und freu mich daher auf weitere Diskussionen!

liebe Grüße, christoph stoik

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