GWA in Wien zwischen Ordnungspolitik und Emanzipation

In Wien tut sich ja Einiges in Bezug auf die Gemeinwesenarbeit. Da ich persönlich teilweise sehr involviert bin, möchte ich meine Einschätzung und meine Gedanken dazu in der Fachöffentlichkeit zur Diskussion stellen. Ich berate „wohnpartner“, führe Schulungen auch für „wohnpartner-unterwegs“ durch und hab mich auch bei der Einschulung der „fairplay“-MitarbeiterInnen beteiligt. Das tue ich deshalb, weil ich sehe, dass es starke Kräfte in den betroffenen Organisationen, aber auch bei politisch Verantwortlichen gibt, die ernsthaft an kommunikativer, fachlich begründeter Sozialer Arbeit interessiert sind. Gemeinwesenorientierte Zugänge sind sowohl bei „wohnpartner“, „wohnpartner-unterwegs“, als auch „fairplay“ (aber auch anderen bestehenden wenn auch diskutierten Angeboten der sozialen Arbeit, wie bei „sam“) zu erkennen. In all diesen Projekten bzw. Einrichtungen sind Zugänge zu finden, bei denen es um emanzipatorische Prozesse geht, bei denen Menschen dabei unterstützt werden sollen, Handlungs- und Konfliktlösungskompetenzen zu erweitern und nachhaltige Kommunikationsformen zu entwickeln.

Auf der anderen Seite ist überdeutlich zu erkennen, dass es AkteurInnen gibt, die alle Maßnahmen ausschließlich unter einer Sicherheits- und Ordnungsperspektive sehen wollen. Dabei meine ich nicht nur politische AkteurInnen unterschiedlicher Parteien, sondern v.a. auch viele Medien. Der Druck der dabei auf die MitarbeiterInnen dieser Projekte wirkt ist m.E. sehr groß. Auf der einen Seite spüren sie, dass es Erwartungen gibt, dass Konflikte minimiert, unterdrückt, gelöst werden, damit Ruhe herrscht. Auf der anderen Seite, wollen die Einrichtungen und deren MitarbeiterInnen nachhaltig und kommunikativ, nicht verdrängend wirksam sein.

Umso wichtiger erscheint mir, dass die Einrichtungen und die MitarbeiterInnen diesen Druck standhalten, aber auch schon jetzt zeigen, dass kommunikative, emanzipatorische Vorgehensweisen auch nachhaltig wirksam werden, z.B. in der Etablierung von GWA-Projekten, was dann aber auch öffentliche dargestellt werden muss.
Nur zu warten, dass es nach der Wien-Wahl besser wird, halte ich für Vergeudung von Ressourcen und für frustrierend für alle Beteiligten. Außerdem ist fraglich, ob danach wirklich alles anders sein wird, und der Druck auf Sicherheits- und Ordnungsorientierung der Sozialen Arbeit wirklich abnehmen wird. Der fachliche differenziert Austausch, der aber auch hart und kritisch geführt werden soll, halte ich dabei für unbedingt notwendig – dies soll damit auch eine erste Einladung dazu sein.
Christian Zajer - 26. Apr, 08:00

Ordnungsberater

Lieber Christoph! Ich kann davon berichten, dass in der Ausbildung der Ordnungsberater und der Wohnberater bei Wienr Wohnen, die ich durchführe, neben Konfliktlösungstechniken ein starker Bedarf am Grundverständnis vom "Raum" an sich gefragt ist. In den Seminaren erweitere ich Fragestellungen der Teilnehmer daher über die Schienen Konfliktmanagement und Gruppendynamik auf Raumverhältnisse im Gemeindebau an sich. Der Umgang der Bewohner mit Raum und deren Verständnis macht für die Ordnungsberater Phänomene. wie etwa "Aneignungsstreben", Machtverteilung, aber auch politisches (Des) Interesse sichtbar und ermöglicht den Mitarbeitern von Wiener Wohnen eine erweiterte Perspektive in ihrer praktischen Arbeit. Diese Perspektive ist gleichzeitig Hilfestellung in der täglichen Berufsausübung, weil unter anderem Konflikte mit einem differenzierten Blick betrachtet werden können und als "scheinbare Mikrokonflikte" enttarnt werden.
Fazit aus meiner Seminartätigkeit: Für viele Mitarbeiter von Wiener Wohnen reicht die alleinige Sicherheits- und Ordnungsperspektive für die Bewältigung ihrer täglichen Arbeit nicht aus!

lg

Christian Zajer


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