Freitag, 23. April 2010

Replik zu Interview mit Reinhard Seiß im Falter 15/10

Im aktuellen Falter (16/10) ist es ja schon korrigiert: Besserverdienende müssen nicht aus dem Gemeindebau ausziehen – eine vernünftige Regelung, um die soziale Durchmischung zu fördern. Diese Maßnahme dürfte aber kleinräumig betrachtet sehr unterschiedlich wirken. Überhaupt ist der Gemeindebau nur verstehbar, wenn er kleinräumiger betrachtet wird. Zu berücksichtigen ist nicht nur das Baujahr der einzelnen Anlagen, die unterschiedliche räumliche Qualitäten zur Folge haben, sondern auch die Lage in der Stadt und „sozialräumliche“ Entwicklungen. So sind Gemeindebauten am Stadtrand z.B. in Döbling für manche sozial besser gestellten Bevölkerungsgruppen noch attraktiv, während andere in Bezirken mit ärmerer Bevölkerung auch wieder nur für Menschen interessant sein könnten, die sich nichts anderes leisten können, die wenig Wahlmöglichkeiten haben. Wohnhausanlagen mit großen Wohnungen wiederum ziehen eher kinderreiche Familien an, was zu Generationenkonflikten führen kann, in anderen ist durch das Alter der Wohnhausanlage und eher kleinen Wohnung eine hohe Heterogenität zu bemerken (ältere Menschen, ärmere Menschen in kleinen billigen Wohnungen, junge kleine Familien, ...). Gemeindebau zeigt sich in Wien also sehr unterschiedliche, und v.a. nicht nur als Ort von sozialen Problemen, wie das im öffentlichen Diskurs manchmal dargestellt wird und damit gleich alle 500.000 BewohnerInnen mitstigmatisiert. Ein Mix an unterschiedlichen, aber auch kleinräumig abgestimmter Maßnahmen (von baulichen Verbesserungen, kommunikativer Angebote wie die von „wohnpartner“, u.a. die Förderung der Partizipation, Anreize für die soziale Durchmischung, aber auch kundennahe und -orientierte Verwaltung) scheint da Sinn zu machen, die Qualität des sozialen Wohnbaus in Wien weiter zu entwickeln, aber auch mit neuen Problemen umzugehen.

DGSA-Sektion GWA in Wien

Am vergangenen Wochenende war eine Arbeitsgruppe der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit (DGSA) in Wien zu Gast. Die sogen. Sektion „Gemeinwesenarbeit“ setzt sich hauptsächlich aus deutschen, schweizer und österreichischen FachhochschuldozentInnen zusammen, die zu GWA lehren und forschen. Im Rahmen der Arbeitstagung kam es auch zu einem Aufeinandertreffen mit KollegInnen aus der Wiener Praxis, die verantwortlich sind für die Weiterentwicklung der Gemeinwesenarbeit (mitveranstaltet vom Verein „querstadt“ und dem BA-Studiengang Soziale Arbeit am FH Campus Wien). Diskutiert wurde, wie sich der Diskurs um Sicherheit und Ordnung auf die Gemeinwesenarbeit auswirken könnte, wobei Beispiele aus anderen deutschen und schweizer Städten vergleichend herangezogen werden. Bei der Ursachenforschung wurde festgestellt, dass das Gefühl von Unsicherheit v.a. aufgrund zunehmender sozialer Unsicherheit entsteht. Die Forderung nach mehr Ordnung und die Herstellung dieser durch mehr Ordnungskräfte bekommt so betrachtet einen zynischen Beigeschmack.

siehe zur DGSA auch:
http://www.dgsainfo.de/

Donnerstag, 25. März 2010

"gewerbsmäßiges Betteln"

Morgen, 26.3.2010, soll "gewerbsmäßiges Betteln" im Wr. Landtag verboten werden. Ich protestiere mit einem offenen Brief an die Landtagsabgeordnete, die die Initiative einbringen:

Sehr geehrte Landtagsabgeordnete!

Zu Ihrem Initiativantrag zur Veränderung des Landessicherheitsgesetzes muss ich als FH-Dozent für Soziale Arbeit mit dieses offenen Brief entschieden protestieren. Das geplante Verbot des "gewerbsmäßigen Bettelns" und das erweiterte Wegweisungsrecht richtet sich gegen Menschen, die benachteiligt sind, die dadurch noch mehr aus unserer Gesellschaft ausgeschlossen werden und so noch mehr stigmatisiert werden, als sie ohnehin schon sind.

Ich habe Verständnis dafür, dass eine Stadt überlegen muss auf Entwicklungen zu reagieren, die nicht nur kommunal verursacht sind und dabei eingeschränkte Handlungsoptionen bestehen. Zunehmende Armutserscheinungen in der Stadt haben mit mangelhafter nationaler und europäischer Sozialpolitik zu tun, aber auch mit globalen Entwicklungen (z.B. höhere Mobilität).
Die geplanten Maßnahmen sind natürlich auch im Licht der Städtekonkurrenz zu sehen: Wien soll möglichst wenig attraktiv sein für benachteiligte Menschen, damit sie sich in anderen Städten aufhalten und so die Attraktivität des Standorts nicht gefährdet wird.

Abzulehnen ist aber, wenn aus Standortinteressen, eine Politik gegen die Ärmsten unserer Gesellschaft betrieben wird. Das widerspricht völlig der Tradition des roten Wiens, das sich über lange Zeit der Integration von Benachteiligten verschrieben hat.

Die geplanten Änderungen haben folgende Wirkung:

1. Hinter der Formulierung "gewerbsmäßiges Betteln" verbergen sich Unterstellungen, die empirisch nicht nachgewiesen sind, z.B., dass Betteln systematisch organisiert wird, um einfach zu einem Einkommen zu gelangen. Wenn sich Menschen organisieren, die in Armutsverhältnissen leben, um irgendwie zu überleben, ist das noch nicht per se problematisch. Und wenn es im Rahmen dieser Organisation Unterdrückungsmechanismen wirken sollten (die vielleicht auch soziostrukturell begründet sein könnten), dann wäre mehr Wissen darüber nötig, um diese wirksam bekämpfen zu können. Mit der geplanten Formulierung wird ein Vorgehen der Exekutive gegen jede Form von Betteln legalisiert, weil "gewerbsmäßiges" Betteln unausreichend definiert und auch nicht objektiv überprüfbar ist. Weder die dahinterliegende Armut, noch Unterdrückungsmechanismen (die ja auch nicht nachgewiesen sind) werden dabei bekämpft.

2. Dadurch, dass Armut stärker aus dem öffentlichen Raum verdrängt wird, wird sie nicht weniger. Soziale Spannungen werden dadurch nicht minimiert, sondern im Gegenteil: geschürt.
Durch die Maßnahmen wird ermöglicht, kommerziell attraktive Räume von weniger attraktiven Räumen noch mehr zu unterscheiden. Auch das schürt soziale Konflikte in der Stadt, weil die Stadt in "sichere" und "unsichere" Räume gespalten wird.

3. Gerade Menschen mit Benachteiligungen sind auf den öffentlichen Raum besonders angewiesen, weil sie meist nicht über ausreichend privaten Raum verfügen. Durch diese Maßnahmen werden ihnen noch mehr Handlungsmöglichkeiten und Sicherheit genommen.

4. Durch die Formulierung "Belästigung" und "Einschränkung des Gemeingebrauchs" durch "Personen" bzw. "Gruppen", wird aufgrund von äußeren Kennzeichen und von Verhalten Unterscheidungen ermöglicht, was im öffentlichen Raum als erwünscht und was als unerwünscht definiert wird. Dabei stellt sich die Frage, wer das Recht hat diese Definition vorzunehmen. Mit der sehr offenen und schwammigen Formulierung muss der Verdacht aufkommen, dass sich dabei die Interessen durchsetzten werden, die gesellschaftlich stärker vertreten sind. Damit ist zu befürchten, dass wieder die Menschen davon betroffen sind, die ohnehin schon aus der Gesellschaft ausgegrenzt werden.


Statt der geplanten Maßnahmen, sollte eine sozialverträgliche Politik andere Maßnahmen entwickeln.
Es könnten - neben der Sicherung und Verbesserung der sozialen Sicherheit - Maßnahmen entwickelt werden, die die Toleranz gegenüber Menschen in Armut steigert. Immerhin leben wir in einer der reichsten Gesellschaften der Erde. Es ist unverständlich, dass die kurzen Begegnungen mit ein paar Bettlern oder Wohnungslosen in öffentlichen Einrichtungen mehr aufregt, als die fortschreitende Ausgrenzung dieser Menschen. Es ist nicht nachvollziehbar und vertretbar, dass Neid besonders gegenüber den Ärmsten geschürt wird.

Ich appelliere daher den Antrag zurückzuziehen und stattdessen sozialverträglichere Maßnahmen zu entwickeln.

Mit freundlichen Grüßen,

Christoph Stoik

Mittwoch, 17. März 2010

geplantes Bettelverbot in wien!

Ausgehend von einigen Landtagsmandataren der SPÖ wien soll ein Bettelverbot und ein Wegweiserecht für Menschen mit "verwahrlosten Auftreten" erlassen werden.

mehreres kann ich daran nicht fassen:

1. hier werden die ärmsten der ärmsten in einer Gesellschaft ausgegrenzt, die zu den reichsten der Welt gehört.

2. Die Initiative kommt von einigen Sozialdemokraten (internationale Solidarität ...) - mir fehlen die Worte!

3. Der öffentliche Raum ist gerade für die betroffene Gruppen ("Verwahrloste" und BettlerInnen) der einzige Raum, den sie noch haben, wo sie sich aufhalten können und wo sie auf ihre Not aufmerksam machen können. Gerade diese Gruppen sind angewiesen darauf, dass sie einen öffentlichen Raum haben. Die Verdrängung aus dem öffentlichen Raum erschwert nicht nur das Leben dieser Menschen, sondern ist auch zutiefst undemokratisch. Denn der öffentliche Raum zeichnet sich ja genau dadurch aus, dass er für möglichst viele, und besonders für benachteiligte öffentlich bleibt.


nähere Infos inkl. Protestmöglichkeiten dazu auf http://www.facebook.com/reqs.php#!/group.php?gid=104150631709

Sonntag, 7. Februar 2010

Zustimmung zur Wiener Volksbefragung

Skeptisch werde ich, wenn die Kritik an der Wiener Volksbefragung anscheinend größer ist als die Zustimmung zur Volksbefragung. Denn: auch wenn einiges an der Kritik durchaus berechtigt ist, ist doch bemerkenswert, wie die politische Diskussion durch die Volksbefragung angeregt wurde. Der/die stimmbertechtigte BürgerIn wird angeregt, über die Fragen nachzudenken, sich zu informieren und mit anderen darüber zu diskutieren (s. u.a. http://www.wienwillswissen.at/ ). Und genau das ist zu begrüßen, zumindest von denen, die die (partizipative) Demokratie voranbringen wollen.


Nach der Volksbefragung werden einige Fragen zu klären sein, die für die nächste Volksbefragung von Bedeutung sein werden:
- Welchen Einfluss hatte die Volksbefragung auf die tatsächlichen politischen Entscheidung?
- Wer hat sich bei der Befragung beteiligt und wie kann die Beteiligung noch verbreitert werden?
- Welche Fragen eigenen sich für eine Volksbefragung, welche weniger (z.B. populistische Entscheidungen gegen Minderheiten)?
- Welche Vor- und Nachteile hat es, wenn Fragen eher allgemein gestellt werden (Überprüfung von Stimmungsbildern)?
- Welche Vor- und Nachteile hat es, wenn Fragen zu sehr konkreten Maßnahmen gestellt werden (Voraussetzung von Vorwissen der Stimmberechtigten)?

Deutlich wird sowohl bei dieser Volksbefragung als auch bei der Diskussion um eine Asylerstaufnahmezentrum, dass die partizipative Demokratie immer verknüpft werden muss mit einer partizipativen Kultur (Zugang zu Hintergrundwissen und seriösen Medien). Sonst wird jede Volksbefragung zum Instrument manipulativer Politik, was letztlich demokratiegefährdend ist. In Wien wird mit dieser Vorlksbefragung m.E. ein Schritt in die richtige Richtung, einer partizipativeren Demokratie, gemacht.

Dienstag, 5. Januar 2010

GWA in 2010

Liebe KollegInnen,
ich will Ihnen / dir ein erfolgreiches Jahr 2010 wünschen. Besonders den MitarbeiterInnen der wohnpartner will ich alles Gute für dieses erste - sicher nicht leichte - Jahr wünschen!
alles Gute, christoph stoik

siehe auch:
http://www.wohnpartner-wien.at/

Publikationen und Diplomarbeiten 2009

Im vergangenen Jahr war ja Einiges los in Bezug auf Gemeinwesenarbeit. Leider konnte auf diesem blog nicht alles dokumentiert werden, wie z.B. der aufsehen-erregende Beitrag über die Bassena-Arbeit am Schöpfwerk im Falter ...

Am Anfang des neuen Jahrs 2010, sollen hier nun aber einige Diplomarbeiten zu GWA und Sozialraumorientierung dokumentiert werden, die im Jahr 2009 im Rahmen des Studiums zu Sozialer Arbeit verfasst wurden (Masterstudium und Diplomstudium).
Zu finden unter der Rubrik :
http://stoik.twoday.net/topics/X+Diplomarbeiten+etc./


Außerdem werden hier noch einige interessante Publikationen zu GWA genannt, die ebenfalls 2009 erschienen sind. Neben der großen Anzahl an Literatur zu Sozialen Raum und Sozialraumorientierung in der Sozialen Arbeit in den letzten Jahren (u.a.Kessl/Reutlinger: Sozialraum. eine Einführung. 2007; oder Reutlinger: Raum und soziale Entwicklung 2008), erscheinen auch zunehmend wieder mehr aktuelle Bücher zu GWA. Einige wichtige Publikationen sollen hier beispielhaft angeführt werden:

Sing, Eva; Heimgartner, Arno: Gemeinwesenarbeit in Österreich. Graz, 2009

Landhäußer, Sandra: Communityorientierung in der Sozialen Arbeit. Die Aktivierung von sozialem Kapital. Wiesbaden, 2009

Schmidsberger, Brigitta; Spitzenberger, Elfa: Leben im Franckviertel. Linz 2009

Clausen Jens; Hahn Harald; Runge Markus (Hg.): Das Kieztheater. Forum und Kommunikation für den Stadtteil. Stuttgart, 2009

Fehren, Oliver: Wer organisiert das Gemeinwesen? Zivilgesellschaftliche Perspektiven Sozialer Arbeit als intermediärer Instanz. Berlin. 2008

Elsen, Susanne: Die Ökonomie des Gemeinwesens. Sozialpolitik und Soziale Arbeit im Kontext von gesellschaftlicher Wertschöpfung und -verteilung, Juventa. 2007

Stövesand, Sabine: Mit Sicherheit Sozialarbeit! Gemeinwesenarbeit als innovatives Konzept zum Abbau von Gewalt im Geschlechterverhältnis unter den Bedingungen neoliberaler Gouvernementalität. Lit-Verlag, Wien, 2007


und am Schluss ein paar Publikationen von mir aus 2009:

Stoik, Christoph: Aktivierende Befragung / Aktivierendes Gespräch. online: http://www.sozialraum.de/aktivierende-befragung-aktivierendes-gespraech.php [12.10.2009]

Stoik, Christoph: Wiener Gemeinwesenarbeit am Scheideweg. Wiener Ausprägungen zwischen Emanzipation und lokaler Steuerung. In: Sing, Eva; Heimgartner, Arno: Gemeinwesenarbeit in Österreich. Graz, 2009

Stoik, Christoph: Sonderstellung Stadtteilarbeit Franckviertel. In: Schmidsberger, Brigitta; Spitzenberger, Elfa: Leben im Franckviertel. Linz, 2009

neue Ausgabe www.sozialraum.de

Seit einiger Zeit ist die neue Ausgabe 2/09 auf www.sozialraum.de erschienen, was hier nachträglich Erwähnung finden soll!

Dienstag, 6. Oktober 2009

Misik zu Diversität, Integration und Gemeinwesenarbeit

Robert Misik mit einem interessanten Beitrag über Diversität und Integration auch durch Gemeinwesenarbeit:

http://derstandard.at/fs/1254310539165/Videocast-von-Robert-Misik---Folge-97-Das-Auslaenderproblem-Gibts-das-wirklich

Die Kunst wird v.a. sein, die unterschiedlichen Gruppen gezielt ansprechen zu können. Und da teil ich Robert Misiks Ansicht, dass es um Investition in die Stadtteile ebenso geht, wie um Kommunikation und Vermittlung durch Soziale Arbeit und Gemeinwesenarbeit - also sowohl um "harte" Maßnahmen, als auch "weiche". Sozusagen zwischen harten und weichen Maßnahmen wird es auch nötig sein, sich noch mehr den Kopf darüber zu zerbrechen, wie die gesellschaftlichen Zugänge milieuspzifisch gestaltet werden, wie Zugang zu Bildung, Arbeitsmarkt, sozialen Einrichtungen, Verwaltung und Politik. Und: eigentlich zeigt sich in diesem Thema ein gesellschaftliche Herausforderung, die eben erst durch die Migrationsthematik so richtig sichtbar zu werden scheint: Durch die Diversivizierung der Gesellschaft besteht auch unabhängig von kulturellen Hintergrund die Notwendigkeit, gesellschaftliche Institutionen diverser zu gestalten und divers mit den unterschiedlichen Gruppen zu kommunizieren - eine ganz schöne Herausforderung, sich einerseits gezielt den sogen. alteingesessenen "Modernisierungsverlierern", wie den gutgebildeten "Bobos" und den bürgerlichen "Katholiken" zuzuwenden. Kurz es geht m.E. weniger nur um ein Migrationsproblem, sondern um ein Problem von Diversifizierung und Teilhabe und Integration von Menschen in einer sich vervielfältigende Gesellschaft.

Sonntag, 27. September 2009

Kommentar zur Integrationsdebatte

Was ist mit Rauscher vom Standard los ist? zuerst schießt er sich auf Graffities ein und jetzt auf türkische Jugendliche (siehe Kollumne am Do)? Ärgerlich, wenn aufgeklärte Meinungsmacher, Oberflächliches zu Integration von sich geben. Das Problem ist ja nicht, dass Jugendliche untereinander türkisch sprechen, und von Rauscher auf der Straße nicht verstanden werden. Das Problem ist, dass der Zugang zu Bildung und Arbeitsmarkt für manche Menschen immer schwieriger wird. Und das ist in erster Linie ein Problem der Zugänge/Barrieren und weniger ein kulturell-ethisches.

Ich plädiere außedem dafür, bei der Diskussion nicht zu vieles miteinander zu vermengen. ZU trennen ist meiner Meinung nach die Debatte um den Zugang von Menschen zu Bildung und Arbeitsmarkt und eine Werte-Diskussion. Aber auch bei dieser zweiten Diskussion sind die Bruchlinien nicht in erster Linien zwischen Kulturen in einem national-ethischen Sinn zu suchen. So kann ja nicht nur "die Zwangsheirat" Problematisiert werden, sondern auch Alltagsrassismen, oder aber auch die Regeln einer neoliberalen Wirtschaftsgesellschaft, in der Konkurenz höher bewertet wird als Kooperation und Verständigung.

Mittwoch, 2. September 2009

„Ordnungsberater“ sollen abmahnen und strafen!

Wie im „Der Standard“ berichtet, sollen „Ordnungsberater“ von Wiener Wohnen, bei Verstößen gegen die Hausordnung mit Abmahnungen und sogar Geldstrafen vorgehen. Den/r BeobachterIn von außen muss es immer schwerer fallen, sich auszukennen. Einerseits wird auf mehr Kommunikation, Zusammenleben und auch Eigenverantwortung gesetzt (Wohnbusse von Wiener Wohnen und Ausbau der Gebietsbetreuungen/wohnpartner), andererseits auf Ordnungshüter, bei denen keine Konfliktkompetenz der BewohnerInnen mehr nötig sein wird. Es wird ausreichen, sich als MieterIn beim Ordnungshüter zu beschweren. Dabei wird signalisiert, dass das Gespräch mit dem Nachbar/der Nachbarin gar nicht erwünscht ist. Wird dieser Weg fortgesetzt, wird es nicht 15 Ordnungshüter brauchen, sondern zumindest ein paar Hundert ...
Abgesehen davon, dass völlig fraglich ist, was rechtlich überhaupt möglich ist (siehe „Der Standard“), stellt sich auch die Frage, wer definieren wird, wogegen vorgegangen werden darf. Wer definiert, was „laut“ ist, wie lang Kinder spielen dürfen, was Verunreinigung ist (Kürbiskerne in der Wiese?)? Wer wird definieren, wie ein Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlichsten Lebensstilen und Milieus funktioniert? Die, die sich besser ausdrücken können? Die, die eine stärkere Lobby haben? Die, die glauben damit politisch Kapital schlagen zu können? Oder die, die gesellschaftlich eher benachteiligt sind? Aushandlungsprozesse darüber, welches Verhalten angemessen ist, was voneinander gelernt werden kann, wo Ansprüche in neuem Licht betrachtet werden müssen, was vielleicht zu gegenseitigen Austausch-, Lern- und Reflexionsprozesse führen könnte, werden dadurch jedenfalls torpediert.


Quellen:

http://derstandard.at/fs/1250691742561/Zu-laut-gespielt-36-Euro

http://derstandard.at/fs/1250691788751/Wiener-Gemeindebauten-Ordnungsberater-Bei-Ballspielen-nur-Abmahnung

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